Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann für den Arbeitnehmende verschiedene gravierende sozialrechtliche Folgen haben, die sich unmittelbar auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld auswirken. Es droht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages für die Dauer von bis zu 12 Wochen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es auch zu einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld kommen. Damit verbunden ist auch die Anrechnung eines Teils der Abfindung auf das Arbeitslosengeld. Dies bestimmt sich nach den Regeln der §§ 158 SGB III ff.
Wegen der schlimmen Folgen bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages raten wir dringend, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht vor Unterschrift des Aufhebungsvertrages aufzusuchen. Nur durch einen fachanwaltlichen Rat kann das Beste aus dem Aufhebungsangebot für Sie herausgeholt und eine Sperrzeit durch Aufhebungsvertrag vermieden werden.
Wann tritt eine Sperrzeit ein?
Entscheidend kommt es darauf an, ob die Arbeitnehmenden durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages
- sich versicherungswidrig verhalten hat,
- ohne einen wichtigen Grund dafür gehabt zu haben.
Der Arbeitnehmende verhält sich zum Beispiel versicherungswidrig, wenn er sich vom Beschäftigungsverhältnis mittels Eigenkündigung gelöst oder sein vertragswidriges Verhalten Anlass für eine Kündigung durch den Arbeitgeber des gegeben hat.
Gleichstellung von Kündigung und Aufhebungsvertrag
Arbeitnehmende, die ihr Arbeitsverhältnis selbst kündigen, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, bekommen eine Sperrzeit. Das bedeutet, dass sie bis zu 12 Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Das ist die sogenannte Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. In der Regel wird wegen der Kündigung auch die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes um ein Viertel gekürzt.
Gleiches gilt grundsätzlich für Aufhebungsverträge. Bei einem Aufhebungsvertrag einigen sich Arbeitnehmende und Arbeitgebende auf eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Üblicherweise erhalten Arbeitnehmende eine Abfindung als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes. Wird jedoch ein Aufhebungsvertrag geschlossen, ohne dass hierfür ein wichtigen Grund vorgelegen hat, wird eine Sperrzeit durch die Bundesagentur für Arbeit verhängt.
Arbeitnehmende können aufatmen: Während der Sperrzeit sind Sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V trotz Sperrzeit weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Anders sieht es bei dem Ruhen des Arbeitslosengeldes wegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung aus. Dazu weiter untern mehr.
Kann ich eine Sperrzeit vermeiden?
Die Voraussetzungen für eine Sperrzeit liegen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag in der Regel immer vor. Nur in Ausnahmefällen erkennen die Sozialgerichte und die Arbeitsagenturen einen wichtigen Grund für die Lösung des Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag an. Aber Vorsicht ist geboten: Allein mit der arbeitgeberseitig angedrohten Kündigung liegt noch kein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages vor.
Nach der Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit liegt ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages vor,
- wenn eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist.
- die drohende Arbeitgeberkündigung auf betriebliche oder personenbezogene (nicht aber verhaltensbedingte Gründe) gestützt wird
- die Kündigungsfrist eingehalten wurde,
- der Arbeitnehmer nicht unkündbar war
Ob die vom Arbeitgeber auszusprechende Kündigung rechtmäßig gewesen wäre, wird durch die Bundesagentur für Arbeit nicht geprüft, wenn
- in Anlehnung an § 1a KSchG eine Abfindung von bis zu 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmenden gezahlt wird
Hier kommt es auf die Rechtmäßigkeit der angedrohten Kündigung an:
Mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages hat der Arbeitnehmende objektive Nachteile aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung für sein berufliches Fortkommen vermieden oder kann sonstige Gründe darlegen, aus denen er objektiv Nachteile aus einer arbeitgeberseitigen Kündigung befürchten musste.
Bei der Möglichkeit kommt es entscheidend darauf an, ob die drohende Arbeitgeberkündigung auch rechtmäßig wäre.
Solche Gründe können insbesondere Vergünstigungen sein, auf die der Arbeitnehmer im Falle einer Kündigung keinen Anspruch gehabt hätte. In der Praxis sind das Abfindungen, die höher als 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr sind und der Arbeitnehmende ohne Abschluss des Aufhebungsvertrages keinen Anspruch gehabt hätte. Auch wenn die Vertragsparteien eine längere Kündigungsfrist oder Freistellung vereinbaren, könne dies die objektiven Gründe darstellen.
Aufgrund der Vielzahl an Voraussetzungen besteht hier die Gefahr, dass der Sachbearbeiter der Bundesagentur anders beurteilt, als die Vertragsparteien bei Abschluss des Aufhebungsvertrages. Aufhebungsvertrag – Vorsicht bei voreiliger Unterschrift: Unterschreiben Sie keinen Aufhebungsvertrag, ohne sich zuvor anwaltlichen Rat eingeholt zu haben.
Sie sind nicht verpflichtet, den angebotenen Vertrag sofort zu unterzeichnen. Räumen Sie sich gegenüber Ihrem Arbeitgeber Bedenkzeit ein und vereinbaren Sie einen Termin zur anwaltlichen Beratung.
Wird die Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet?
Grundsätzlich wird eine Abfindung nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Von dieser Grundregel gibt es jedoch eine Ausnahme, die man als Arbeitnehmer unbedingt beachten sollte.
Nichteinhalten der Kündigungsfrist und Abfindung
Eine Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld kommt bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Scheidet der Arbeitnehmer frühzeitig, also vor Ablauf der für den Arbeitgeber maßgeblichen Kündigungsfrist, aus dem Arbeitsverhältnis aus und erhält gleichzeitig eine Abfindung, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld I von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Das Gesetz spricht diesbezüglich in § 158 SGB III von einem Ruhen des Anspruchs bei Entlassungsentschädigung.
Hat der Arbeitgeber eine Aufklärungspflicht beim Aufhebungsvertrag?
Grundsätzlich ist bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages jeder Vertragspartner selbst dafür verantwortlich, dass seine Interessen hinreichend gewahrt werden. Vor Abschluss des Aufhebungsvertrages raten wir daher Arbeitnehmenden dazu, nicht vorschnell zu handeln und sich ausführlich von einem Anwalt beraten und Überlegungszeit einräumen zu lassen. Ein seriöser Arbeitgeber verlangt keine sofortige Unterschrift!
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, Arbeitnehmende über etwaige sozialrechtliche oder finanzielle Risiken des Aufhebungsvertrags aufzuklären. Oft gaukeln sie im Aufhebungsgespräch vor, der Aufhebungsvertrag sei „wasserdicht und würde zu keiner Sperrzeit führen“. Warum sollten Sie dem, der Ihnen das Ende Ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit anbietet, vertrauen?
Geht die Initiative für einen Aufhebungsvertrag jedoch alleine vom Arbeitgeber aus und weiß dieser, dass dadurch erhebliche sozialrechtliche Nachteile erleidet kann dies in Ausnahmefällen eine Aufklärungspflicht begründen. Dies bedarf einer Prüfung im Einzelfall.
Außerdem ist der Arbeitgeber stets dazu verpflichtet, den Arbeitnehmenden über seine Meldepflicht bei der Agentur für Arbeit zu informieren, wie § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III bestimmt. Denn wenn Arbeitnehmende dieser in § 38 Abs. 1 SGB III bestimmten Pflicht nicht nachkommen, droht ihm eine Sperrzeit von bis zu einer Woche beim Arbeitslosengeld.
Verletzt der Arbeitgeber seine Aufklärungspflicht, hat dies jedoch nicht zur Folge, dass der Aufhebungsvertrag automatisch unwirksam ist oder ein Widerrufs- oder Anfechtungsrecht ausgelöst wird. Eine unterbliebene Aufklärung kann unter gewissen Umständen einen Schadensersatzanspruch begründen.