In unserer arbeitsrechtlichen Praxis begegnet uns die Versetzung häufig – nicht selten als strategisches Mittel, um unliebsame Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen. Doch was ist rechtlich erlaubt? Welche Grenzen gelten für den Arbeitgeber? Und wie können sich Arbeitnehmer gegen eine unzulässige Versetzung wehren?
In diesem Beitrag erklären wir ausführlich, was eine Versetzung bedeutet, wann sie zulässig ist und wie Betroffene sich schützen können. Doch was bedeutet eine Versetzung im Arbeitsrecht? In diesem Beitrag klären wir die ersten wichtigen Fragen
Versetzung Arbeitnehmer: Definition
Eine Versetzung liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsbereich zuweist. Auch ene nur vorübergehende Zuweisung anderer Aufgaben, kann bereits eine Versetzng darstellen. Das kann bedeuten:
- Der Arbeitnehmer erhält neue Aufgaben, die sich deutlich von den bisherigen unterscheiden.
- Er wird in eine andere Abteilung oder an einen anderen Standort versetzt.
- Die Versetzung kann sogar einen Umzug in eine andere Stadt erforderlich machen.
Gesetzliche Grundlage
Die rechtliche Definition findet sich in § 95 Abs. 3 BetrVG. Eine Versetzung ist demnach jede Maßnahme, durch die sich die Tätigkeit oder der Arbeitsort des Arbeitnehmers wesentlich verändert – und das dauerhaft oder für mehr als einen Monat.
Das Weisungsrecht des Arbeitgebers
Damit die Versetzung rechtmäßig ist, muss der Arbeitgeber die Grenzen seines Weisungsrechts einhalten. Die Grenzen des Weisungsrechts des Arbeitgebers können sich konkret aus dem Arbeitsvertrag, aus einer Betriebsvereinbarung, aus einem Tarifvertrag oder aus Gesetz ergeben. Insbesondere muss der Arbeitgeber beachten, dass die Versetzung nicht unzumutbar für den Arbeitnehmer sein darf. An die Unzumutbarkeit sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen, sodass eine Versetzung gravierend in die Lebensführung des Arbeitnehmers einschneiden muss, während die Interessen des Arbeitgebers verhältnismäßig gering ausfallen.
Was darf der Arbeitgeber?
Der Arbeitgeber hat ein sogenanntes Weisungsrecht (§ 106 GewO). Dieses erlaubt ihm, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu bestimmen – solange keine vertraglichen oder gesetzlichen Grenzen überschritten werden.
Des Weiteren muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass der Arbeitnehmer im Rahmen der Versetzung mit gleichwertigen Aufgaben betraut wird. Diese Pflicht ergibt sich direkt aus dem Arbeitsvertrag. Deshalb ist eine Versetzung, die mit einer Minderung der Verantwortung einhergeht, rechtswidrig. Dies gilt sogar dann, wenn die Bezahlung gleichbleibt.
Überschreitet der Arbeitgeber eine dieser Grenzen, so ist die Versetzung rechtswidrig.
Grenzen des Weisungsrechts
Das Weisungsrecht ist nicht grenzenlos. Es wird eingeschränkt durch:
- Den Arbeitsvertrag (z. B. feste Tätigkeitsbeschreibung oder Einsatzort)
- Eine Betriebsvereinbarung
- Einen Tarifvertrag
- Die Gesetzgebung, insbesondere das Gebot der Zumutbarkeit
Eine Versetzung darf nicht „unbillig“ sein – also für den Arbeitnehmer unzumutbar. Das ist z. B. der Fall, wenn familiäre Verpflichtungen, gesundheitliche Einschränkungen oder lange Pendelzeiten die Versetzung untragbar machen.

Die Rolle des Betriebsrats bei Versetzung
In einem Betrieb, in dem ein Betriebsrat besteht und mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist der Arbeitgeber zusätzlich verpflichtet, den Betriebsrat vollumfänglich über die geplante Versetzung in Kenntnis zu setzen und dessen Zustimmung einzuholen. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung allerdings nicht frei, sondern nur in gesetzlich festgelegten Fällen verweigern, die in § 99 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes aufgezählt sind.
Wann darf der Betriebsrat widersprechen?
Der Betriebsrat kann die Zustimmung nur aus bestimmten Gründen verweigern, etwa wenn:
- Die Versetzung gegen ein Gesetz oder eine Betriebsvereinbarung verstößt
- Der betroffene Arbeitnehmer benachteiligt wird
- Die neue Tätigkeit nicht gleichwertig ist
Diese Gründe sind abschließend in § 99 Abs. 2 BetrVG geregelt. Gerne stellen unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht eine Checkliste zur Prüfung der Versetzung bereit. Diese kann zur ersten Orientierung in der Betriebsratsarbeit dienen.
Checkliste für Betriebsräte „Versetzung“
Wann ist eine Versetzung rechtswidrig?
Eine Versetzung ist rechtswidrig, wenn:
- Sie gegen vertragliche Vereinbarungen verstößt
- Die neuen Aufgaben nicht gleichwertig sind
- Der Arbeitnehmer dadurch unzumutbar belastet wird
- Der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde
Besonders kritisch ist eine Versetzung, die mit einem Verlust an Verantwortung oder Einfluss einhergeht – selbst wenn das Gehalt gleich bleibt. Solche Maßnahmen sind regelmäßig unzulässig.
Was können Arbeitnehmer gegen eine Versetzung tun?
Arbetnehmer können sich gegen eine Versetzun, ie sie für rechtswidrg erachten, zur Wehr setzen. Die Unwirksamkeit der Versetzung kann erforderlichenfalls gerichtlich festgestellt werden. Auch Eilverahren vor denArbeitsgerichten sind möglich.
Sofortige Reaktion ist wichtig
Arbeitnehmer müssen eine rechtswidrige Versetzung nicht akzeptieren. Aber Vorsicht: Oft ist nicht sofort klar, ob die Maßnahme rechtlich zulässig ist. Wer sich weigert, riskiert eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung, falls sich später herausstellt, dass die Versetzung rechtmäßig war.
Versetzung Arbeitnehmer: Der richtige Weg
Oft ist e ratsam die Versetzung zunächst unter Vorbehalt anznehmen – und gleichzeitig rechtlich prüfen lassen. In vielen Fällen ist eine Klage vor dem Arbeitsgericht der richtige Weg. Ein einstweiliger Rechtsschutz ist nach Ansicht einiger Arbeisgerichte nicht erfolgreich, da sie die vorübergehende Beschäftigung am neuen Arbitsplatz bis zur rechtskräftigen Entschiedung für zumutbar erachten. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls und einer fundierten rechtlichen Vertretung an.
✅ Tipps für Arbeitnehmer
- Prüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag auf Einschränkungen beim Einsatzort oder der Tätigkeit.
- Lassen Sie sich bei Unsicherheit frühzeitig rechtlich beraten.
- Dokumentieren Sie alle Umstände der Versetzung – insbesondere, wenn Sie sich benachteiligt fühlen.
- Reichen Sie rechtzeitig Klage ein, wenn Sie die Versetzung für unzulässig halten.
✅ Tipps für Arbeitgeber
- Kommunizieren Sie Versetzungen transparent und nachvollziehbar.
- Prüfen Sie vorab, ob die Maßnahme durch das Weisungsrecht gedeckt ist.
- Binden Sie den Betriebsrat frühzeitig ein.
- Vermeiden Sie Versetzungen als Druckmittel – das kann rechtlich und menschlich teuer werden.
Ein besonders wertvoller Tipp für Betriebsräte im Zusammenhang mit Versetzungen lautet:
Frühzeitig aktiv werden – nicht erst bei Konflikten
Betriebsräte sollten nicht nur reagieren, wenn eine Versetzung bereits geplant ist, sondern proaktiv mitgestalten. Das bedeutet:
- Regelmäßiger Austausch mit der Personalabteilung, um geplante Umstrukturierungen frühzeitig zu erfahren.
- Schaffung klarer Kriterien in Betriebsvereinbarungen, z. B. zur Zumutbarkeit von Versetzungen, zur Gleichwertigkeit der Aufgaben oder zur sozialen Auswahl.
- Sensibilisierung der Belegschaft: Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass der Betriebsrat bei Versetzungen mitreden darf. Eine transparente Kommunikation stärkt das Vertrauen und die Mitbestimmung.
Und ganz wichtig: Betriebsräte sollten bei jeder Versetzung nicht nur die formale Zustimmung prüfen, sondern auch die sozialen Auswirkungen im Blick behalten – etwa bei Alleinerziehenden, Pflegeverpflichtungen oder gesundheitlichen Einschränkungen.
Fazit: Versetzung ist kein Freifahrtschein
Die Versetzung ist ein mächtiges Instrument im Arbeitsverhältnis – aber kein Freifahrtschein. Arbeitgeber müssen rechtliche Grenzen beachten, Arbeitnehmer sollten ihre Rechte kennen und nutzen. Wer frühzeitig handelt, kann Konflikte vermeiden oder erfolgreich dagegen vorgehen.