Das Arbeitszeugnis – Welchen Unterschied ein Wort ausmachen kann

Das Arbeitszeugnis verstehen und richtig lesen. Kaum woanders wird jedes einzelne Wort so auf die Goldwaage gelegt wie im Rahmen des Arbeitszeugnisses. Das zeigt sich in unserer täglichen Anwaltspraxis. Um die richtige Formulierung streiten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber regelmäßig. Die Schwierigkeit ist dabei: Wenn der Arbeitnehmer einmal das Unternehmen verlassen hat, gönnt der Arbeitgeber ihm selten eine gute Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Lesen Sie mehr in unserem Blogbeitrag.

Definition Arbeitszeugnis

Ein Arbeitszeugnis ist eine Urkunde, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausstellt und auf die jeder Arbeitnehmer, unabhängig von der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, einen rechtlichen Anspruch hat. Im Arbeitszeugnis werden unter anderem die Leistung des Arbeitnehmers und dessen Verhalten am Arbeitsplatz bewertet, wobei regelmäßig Standardformulierungen verwendet werden, die bei Entzifferung des Wortlauts in die entsprechenden Schulnoten umgewandelt werden können. Doch nicht immer ist klar, wie einzelne Aussagen zu interpretieren sind. Worauf Sie bei Erhalt eines Arbeitszeugnisses achten sollten und wie Sie sich wehren können, wenn Sie das Arbeitszeugnis für unwahr halten, wird im Folgenden erläutert.

Inhaltlicher Aufbau eines Arbeitszeugnisses

Die Anforderungen an die inhaltliche Gestaltung eines einfachen Zeugnisses sind geringer als die an ein qualifiziertes Zeugnis. In einem einfachen Zeugnis sind lediglich die Personaldaten des Arbeitnehmers, die Dauer des Arbeitsverhältnisses und die Art der Beschäftigung anzugeben. In einem qualifizierten Arbeitszeugnis hingegen muss die Beschreibung der Tätigkeit des Arbeitnehmers im Unternehmen muss so genau erfolgen, dass eine dritte Person sich ein Bild von den Aufgaben und Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers machen kann. 

Dazu sollten das Unternehmen und die Branche, die hierarchische Position, die Berufsbezeichnung, die Art der Tätigkeit, die berufliche Entwicklung und das Aufgabengebiet genannt werden. Ein qualifiziertes Zeugnis muss wahrheitsgemäß und wohlwollend verfasst werden. Es soll den Arbeitnehmer in seiner beruflichen Entwicklung fördern. Bei Nichteinhaltung dieser Vorgaben kann der Arbeitgeber schadenersatzpflichtig werden.

Nach den allgemeinen Angaben zur Person und der Vorstellung des Unternehmens wird die Aufgabenbeschreibung des Arbeitnehmers aufgeführt. Dieser Teil ist wichtig, da der zukünftige Arbeitgeber einen Eindruck davon erhalten soll, mit welchen Arbeitsaufgaben der Beurteilte betraut wurde und welche Erfahrungen er sammeln konnte. Die wichtigsten Aufgaben müssen an dieser Stelle aufgeführt werden.

Der Arbeitgeber macht hier häufig Fehler. Auch die Reihenfolge der einzelnen Aufgaben ist wichtig, da unwichtige anspruchslose Tätigkeiten, die an erster Stelle aufgeführt werden, in der Zeugnissprache wie folgt/folgendermaßen interpretiert werden können: „Der Arbeitnehmer ist nicht in der Lage Prioritäten zu setzen und hält sich mit unwesentlichen Aufgaben auf. Der Arbeitnehmer schafft es nicht die Aufgaben in der vorgegebenen Zeit zu erfüllen.“ Wesentlich ist demnach:

Aufgabenschwerpunkt (ausführlich, umfassend sowie nachvollziehbar, verständlich)

  • Korrekte Reihenfolge
  • Sonderaufgaben/Projekte
  • Hierarchische Position (auch Stellvertretung)
  • Selbstverantwortete Bereiche
  • Kompetenzen/Vollmacht
  • Personalverantwortung
  • Berufliche Entwicklung
  • Fortbildungen

Es kann im Anschluss auch eine Zusammenfassung der Aufgabenbeschreibung erfolgen.

Arbeitszeugnis – Aufgabenbeschreibung

Die Bewertung

Den Hauptteil des Arbeitszeugnisses bildet die Bewertung der Leistung des Arbeitnehmers.

→ Die Leistung des Arbeitnehmers wird im Hauptteil des Arbeitszeugnisses bewertet.

Konkret beleuchtet werden die Arbeitsbereitschaft und der Einsatz, die Fähigkeiten in Bezug auf den konkreten Arbeitsplatz, die Art und Weise der Ausführung der Arbeit und die zu verzeichnenden Arbeitserfolge.

Im Anschluss folgt eine Beurteilung bezüglich des Verhaltens und Auftretens am Arbeitsplatz, d.h. insbesondere der Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden.

→ Die Arbeitsbereitschaft und der Einsatz, die Fähigkeiten in Bezug auf den konkreten Arbeitsplatz, die Art und Weise der Ausführung der Arbeit und die zu verzeichnenden Arbeitserfolge werden im Hauptteil konkret beleuchtet.

→ Nach der Bewertung der Leistung folgt eine Beurteilung des Verhaltens und Auftretens am Arbeitsplatz, insbesondere des Umgangs mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden. 

Abgerundet wird die ausführliche Bewertung mit einer abschließenden Gesamtbeurteilung, die die vorher genannten Leistungen zusammenfasst und insgesamt einer Schulnote zuordnet.

→ Die ausführliche Bewertung wird mit einer abschließenden Gesamtbeurteilung abgerundet, die die vorher genannten Leistungen zusammenfasst und insgesamt einer Schulnote zuordnet.

Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die Nennung und Bewertung berufsbezogener Kompetenzen, d.h. Eigenschaften oder Verhaltensweisen, die für den konkreten Beruf relevant sind, zum Beispiel Autorität, Geduld und Einfühlungsvermögen bei Lehrkräften. Fehlen diese Angaben, so wirkt sich dies negativ auf den Gesamteindruck aus.

→ Die Nennung und Bewertung berufsbezogener Kompetenzen, d.h. Eigenschaften oder Verhaltensweisen, die für den konkreten Beruf relevant sind, wie zum Beispiel Autorität, Geduld und Einfühlungsvermögen bei Lehrkräften, sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Fehlen diese Angaben, so wirkt sich dies negativ auf den Gesamteindruck aus.

Ende des Arbeitszeugnisses mit der sogenannten Schlussformel

Das Arbeitszeugnis endet mit der sogenannten Schlussformel, in der sich ebenfalls die Gesamtschulnote widerspiegelt. Sie besteht in der Regel aus einer Danksagung für die geleistete Arbeit. Gegebenenfalls enthält die Schlussformel außerdem ein Bedauern über den Verlust des Arbeitnehmers als Mitarbeiter und positive Wünsche für die Zukunft. Außerdem wird hier klargestellt, wer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst hat. Zu beachten ist jedoch, dass dem Arbeitnehmer kein rechtlicher Anspruch auf die Schlussformel zusteht. Der Arbeitgeber kann sich deshalb auch gegen die Aufnahme einer Schlussformel entscheiden.

Das Arbeitszeugnis wird schließlich mit der Unterschrift des Arbeitgebers und dem Datum der Zeugnisausstellung versehen. Letzteres muss dem Datum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsprechen oder darf höchstens wenige Tage davon abweichen.

Die einzelnen, vorgenannten Punkte werden nach den Schulnoten eins bis sechs bewertet. Dies bedeutet in Worten: „sehr gut“, „gut“, „befriedigend“, „ausreichend“, „mangelhaft“ und „ungenügend“.

Welche Note ist mit welcher Formulierung gemeint?

Die Verwendung von Komparativ oder Superlativ ist ein Anhaltspunkt, um die Note zu ermitteln. Dreifache Steigerungen entsprechen der Note „sehr gut“, zweifache Steigerungen der Note „gut“ und so weiter.

Generell gilt: Je weniger Wörter verwendet werden, um die Leistung zu beschreiben, desto schlechter fällt die Note aus.

Möchte der Arbeitgeber seine Zufriedenheit ausdrücken, so schreibt er, wenn er den Arbeitnehmer mit der Note „sehr gut“ bewerten möchte: „Die Leistungen entsprachen stets unserer vollsten Zufriedenheit.“
Die Note „gut“ wird vergeben, wenn der Arbeitgeber schreibt: „Die Leistungen entsprachen stets unserer vollen Zufriedenheit.“ Leistungen, die als „befriedigend“ empfunden werden, werden beschrieben als „Die Leistungen entsprachen stets unserer Zufriedenheit.“ oder „Die Leistungen entsprachen unserer vollen Zufriedenheit.“

Leistungen, die als „ausreichend“ bewertet werden, werden beschrieben als „Die Leistungen entsprachen unserer Zufriedenheit.“

Schließlich implizieren einschränkende oder negative Formulierungen eine „mangelhafte“ oder sogar „ungenügende“ Leistung. So werden Leistungen als „mangelhaft“ oder „ungenügend“ bewertet, wenn sie beschrieben werden als „Die Leistungen entsprachen größtenteils unserer Zufriedenheit.“ oder „Die Leistungen entsprachen nicht unserer Zufriedenheit.“.

Ein einziges Wort oder Buchstabe macht den Unterschied aus!

Beim Vergleich der beispielhaften Passagen fällt auf, dass sie sich auf den ersten Blick kaum unterscheiden, jedoch ein einziges Wort oder sogar einzelne Buchstaben den Unterschied zwischen den Notenstufen ausmachen können. Die Formulierungen wirken fast wie ein Geheimcode, der nur von Arbeitgebern verstanden werden können soll. Bis zu einem gewissen Grad kann dies auch so verstanden werden, allerdings ist die Grenze dort zu ziehen, wo der scheinbare Aussagegehalt stark von dem tatsächlich Gemeinten abweicht.
Wenn im Arbeitszeugnis zum Beispiel steht, dass der Arbeitnehmer „durch seine gesellige Art das Arbeitsklima im Betrieb bereicherte“, bedeutet dies in Wirklichkeit, dass der Arbeitnehmer durch seinen Alkoholkonsum am Arbeitsplatz aufgefallen ist. Solche Formulierungen, die die wahre Bedeutung verschleiern, sind im Arbeitszeugnis unzulässig.

Gesamtheitszufriedenheit

Das Zeugnis muss darüber hinaus eine Gesamtzufriedenheitsaussage treffen. Hier haben sich in der Rechtsprechung und Praxis folgende Standartformulierungen durchgesetzte und werden von den Lesern eines Zeugnisses erwartet:

a) „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt/zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt und unseren Erwartungen in jeder Hinsicht entsprochen,“ bescheinigt eine durchweg sehr gute Leistung;

b) „stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt,“ bescheinigt eine gute Leistung; LAG Düsseldorf 26.2.1985 – 8 Sa 1873/84, DB 1985, 2692;

c) „zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt,“ bescheinigt eine Durchschnittsleistung; ArbG Passau 14.1.1991 – 2 Ca 235/90 D, BB 1991, 554;

d) „zu unserer Zufriedenheit erledigt,“ bescheinigt eine unterdurchschnittliche, noch ausreichende Leistung; LAG Frankfurt 10.9.1987 – 12/13 Sa 1766/86, DB 1988, 1071; aA BAG 12.8.1976 – 3 AZR 720/75, DB 1976, 2211, das BAG hält dies für eine befriedigende Leistung;

e) „im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt,“ bringt eine mangelhafte Leistung zum Ausdruck.

Arbeitszeugnis – Verhaltensbeurteilung

Bei der Verhaltensbeurteilung werden das Sozialverhalten und die Führung des Arbeitnehmers bewertet:

a) „… sein/ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war stets vorbildlich …” oder “… sein/ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war stets einwandfrei …”, bescheinigt ein sehr gutes Verhalten.

b) „… sein/ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war vorbildlich …” oder “… sein/ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war einwandfrei …”, bescheinigte ein gutes Verhalten.

c) “… sein/ihr Verhalten gegenüber Kollegen, Vorgesetzten und Kunden war vorbildlich …” oder “… sein/ihr Verhalten gegenüber Kollegen, Vorgesetzten und Kunden war einwandfrei …”, bescheinigt ein befriedigendes Verhalten.

d) “… sein/ihr Verhalten gegenüber Kollegen (alternativ: Vorgesetzten) war vorbildlich …” oder “… sein/ihr Verhalten gegenüber Kollegen (alternativ: Vorgesetzten) war einwandfrei …”, bescheinigt ein ausreichendes Verhalten.

e) “… sein/ihr Verhalten war insgesamt tadellos …” oder “… sein/ihr Verhalten war insgesamt einwandfrei …”, bescheinigte ein mangelhaftes Verhalten.

Bei der Verhaltensbeurteilung kommt es entscheidend auch darauf an, ob die attestierte Beurteilung generell gilt oder ob bestimmte Personen oder Personengruppen von der Beurteilung ausgenommen werden. Auch ist auf die Reihenfolge der zu benennenden Personen zu achten.

Das Arbeitszeugnis grundsätzlich wohlwollend sein

Des Weiteren muss das Arbeitszeugnis grundsätzlich wohlwollend sein, d.h. das Arbeitszeugnis darf sich nicht absichtlich nachteilig auf künftige Bewerbungs- und Anstellungschancen auswirken, indem es den Arbeitnehmer gegenüber dem potenziellen neuen Arbeitgeber in ein schlechtes Licht rückt. Etwas anderes gilt nur, wenn die negative Bewertung der Wahrheit entspricht. 

Häufig kann die Frage nach der Wahrheit und der angemessenen Benotung allerdings nicht eindeutig beantwortet werden, weshalb Streitigkeiten rund um das Arbeitszeugnis oft vor Gericht enden. Wird festgestellt, dass das Zeugnis inhaltlich unwahr ist, kann das Verlangen auf Berichtigung rechtlich durchgesetzt werden. 

Die Schwierigkeit hierbei ist jedoch, dass der Arbeitnehmer als Kläger konkret formulieren muss, welche Abschnitte wie geändert werden sollen, weshalb wir empfehlen, rechtsanwaltliche Unterstützung einzuholen.

Fazit:

Wir stehen Ihnen als auf Arbeitsrecht spezialisierte Arbeitnehmerkanzlei mit Rat und Tat zur Seite. Nehmen Sie am besten gleich Kontakt zu uns auf, um einen kurzfristigen Termin zu vereinbaren!

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Inh. Ilka Schmalenberg
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