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Wie viele Abmahnungen bevor die Kündigung ausgesprochen werden kann?

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Arbeitnehmer grübelt über Abmahnung - SOS Arbeitsrecht Nürnberg

Viele Mythen kreisen sich um das Thema Abmahnungen des Arbeitgebers gegenüber Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern. Der wohl weit verbreitetste Mythos ist, dass der Arbeitgeber dreimal abmahnen muss, bevor er die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer (fristlos) kündigen kann. In der Praxis kommt es aber – wie so oft- auf den Einzelfall an. Wie viele Abmahnungen im Einzelfall nötig sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Sicher ist jedoch, dass es keine feste Anzahl von Abmahnungen als Voraussetzung für den Ausspruch einer wirksamen Kündigung gibt. Im Folgenden Blogbeitrag erläutern wir, unter welchen Umständen und ab welchem Zeitpunkt eine Kündigung ernsthaft zu befürchten ist.

Sinn und Zweck einer arbeitsrechtlichen Abmahnung

Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer sind jeweils dem anderen gegenüber aus dem Arbeitsvertrag verpflichtet. Verstößt der Arbeitnehmer durch sein Verhalten gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, so kann eine Abmahnung durch den Arbeitgeber sowohl mündlich als auch schriftlich mit dem Sinn und Zweck erfolgen, den Arbeitnehmer unter Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen auf sein Fehlverhalten hinzuweisen und es ihm damit zu ermöglichen, sein Verhalten einzusehen und entsprechend anzupassen. Wird im Anschluss an die Abmahnung dennoch erneut ein zumindest gleichartiger Verstoß begangen, so ist der Arbeitnehmer dem erhöhten Risiko einer Kündigung durch den Arbeitgeber ausgesetzt. Daher ist es schon nach der ersten Abmahnung ratsam, einen Anwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen, um dieses Risiko so gering wie möglich zu halten.

Entscheidend ist für die Abmahnung demzufolge, dass der Arbeitnehmer das gerügte Verhalten beeinflussen kann, zum Beispiel Unpünktlichkeit, Missachtung von Anweisungen des Vorgesetzten oder unangemessener Umgang mit Kollegen. Kann der Arbeitnehmer das fragliche Verhalten hingegen nicht bewusst steuern wie beispielsweise Krankheit, so wäre eine Abmahnung überflüssig – ja sogar unwirksam, da eine Erkrankung außerhalb seines Machtbereichs liegt. Ebenso entbehrlich ist eine Abmahnung, wenn das Fehlverhalten so gravierend ist, dass allein aufgrund dessen eine Besserung nicht mehr erwartet bzw. ein Abwarten dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann.

Zusammenhang zwischen Abmahnung und Kündigung

Eine Abmahnung führt nicht automatisch zur Kündigung. Vielmehr ist sie als Chance zu sehen, eine Kündigung durch Änderung des kritisierten Verhaltens abzuwenden und wird daher auch als „Warnschuss“ oder „Weckruf“ bezeichnet. Ignoriert der Arbeitnehmer diese Warnung, so setzt er sich dem Risiko einer Kündigung aus. Ob eine Kündigung direkt nach der ersten Abmahnung erfolgen kann oder zunächst weitere Abmahnungen erforderlich sind, ist von mehreren Umständen abhängig.

Ein maßgeblicher Faktor ist die Prognose in Bezug auf das Verhalten des Arbeitnehmers. Je negativer diese ausfällt, desto eher ist eine Kündigung schon nach der ersten Abmahnung zu erwarten. Ein Indiz ist die Reaktion des Arbeitnehmers auf die Abmahnung: Macht er keinerlei Anstalten, sich zu bessern, obwohl ihm sogar die Kündigung angedroht wurde, so ist auch zukünftig mit keiner Veränderung zu rechnen. Dem Arbeitgeber stehen somit keine weiteren Mittel zur Verfügung außer die Kündigung als „ultima ratio“ (letztes Mittel).

Außerdem relevant ist die Schwere des Fehlverhaltens sowie die Dauer des Zeitraums seit der letzten Abmahnung. Handelt es sich nur um einen leichten Verstoß und/oder ist die letzte Abmahnung vor sehr langer Zeit ausgesprochen worden, so sind weitere Abmahnungen notwendig, bevor endgültig gekündigt werden kann. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass der Arbeitgeber, wenn er zu oft abmahnt, Gefahr läuft, die Kündigung auf Basis der Abmahnungen zu vereiteln, da die Warnwirkung durch die Häufigkeit verloren geht und der Arbeitnehmer die Androhung der Kündigung nicht mehr ernst nehmen muss. In diesen Fällen ist zusätzlich erforderlich, dass der Arbeitgeber in der letzten Abmahnung besonders deutlich macht, dass bei erneutem Fehlverhalten gekündigt wird.

Vorgehen gegen eine Abmahnung

Eine Abmahnung ist nicht nur aufgrund dessen nachteilig, weil der Arbeitnehmer durch sie dem erhöhten Risiko einer Kündigung ausgesetzt ist. Sie wird außerdem Teil der Personalakte und damit zum Hindernis für Aufstiegschancen und der Erteilung eines positiven Arbeitszeugnisses. Aus diesen Gründen sollte der Arbeitnehmer niemals eine Erklärung unterschreiben, in der er die Abmahnung anerkennt. Stattdessen raten wir als Arbeitnehmerkanzlei, unverzüglich Beweise zu sichern, die die Unrichtigkeit der Abmahnung belegen und im Rahmen einer Gegendarstellung gegenüber dem Arbeitgeber vorzutragen. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, Klage einzureichen mit dem Ziel, die ungerechtfertigte Abmahnung aus der Personalakte herausnehmen zu lassen. Dabei zu beachten ist jedoch, dass der Arbeitgeber jederzeit erneut abmahnen kann, sodass eine Klage nicht immer sinnvoll ist.

Kündigung ohne vorherige Abmahnung wirksam?

Nicht in jedem Fall muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Kündigung abmahnen. In den folgenden drei Fällen ist eine vorherige Abmahnung entbehrlich:

  • bei betriebsbedingter Kündigung
  • bei personenbedingter Kündigung (etwa wegen langer Krankheit)
  • bei verhaltensbedingten Kündigungen bei besonders schweren Vorwurf

Bei verhaltensbedingten Kündigungen gilt: Es gibt Pflichtverletzungen durch den Arbeitnehmer, die die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar machen. Die Rechtsprechung verlang daher, dass der Arbeitgeber vor der Kündigung eine Prognose anzustellen hat, ob eine Verhaltensänderung auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten ist. In den einigen Fällen ist die Abmahnung sogar entbehrlich, wenn die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme für den Arbeitgeber nicht zumutbar ist. Das sind insbesondere solche Fälle:

  • Sexuelle Belästigung von Kollegen
  • Diebstahl am Arbeitsplatz
  • Gewalt gegen oder schwere Beleidigung von Kollegen
  • Abrechnungsbetrug zu Lasten des Arbeitgebers
  • Ernsthafte Gewaltandrohungen gegen den Arbeitgeber oder Drohungen mit einem anderen empfindlichen Übel; etwa sie Drohung mit einer Arbeitsunfähigkeit für den Fall, dass der Urlaubsantrag nicht bewilligt wird

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer in den vorgenannten Fällen sofort, das heißt ohne vorherige Abmahnung, ordentlich bzw. außerordentlich kündigen.

Anwältin Ilka Schmalenberg - SOS Arbeitsrecht Nürnberg

Unser Tipp für Arbeitnehmer von Ilka Schmalenberg – Anwalt Arbeitsrecht Nürnberg

Sowohl im Rahmen der Gegendarstellung gegenüber dem Arbeitgeber als auch bei Klageerhebung ist es wichtig, bedacht und überlegt vorzugehen, sodass die Heranziehung eines Anwalts für Arbeitsrecht ratsam ist und den größtmöglichen Erfolg verspricht.

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